Theater Schulen
Tempest Project
Peter Brook war international einer der prägendsten Theatermacher*innen der letzten 50 Jahre, ein Visionär. Sein Anliegen war es, den «schwer beladenen» Theaterraum zu «entrümpeln» und mehr Raum für Bewegung und Assoziationen zu schaffen. Brook fokussierte sich auf die Arbeit mit den Schauspieler*innen und ihr ganz spezifisches Interesse, ihr persönliches Können und Wissen. Dabei waren ihm die interkulturelle Theaterarbeit und das Schaffen über Sprachen hinweg besonders wichtig – ein wegweisender Ansatz, der über die Jahre nicht an Aktualität verloren hat.
Im Juli 2022 ist Peter Brook im Alter von 97 Jahren in Paris verstorben. Drei Monate vor seinem Tod feierte seine letzte gemeinsame Arbeit mit Ko-Regisseurin Marie-Helène Estienne in Paris ihre Premiere: «Tempest Project». So wurde «Der Sturm», Shakespeares letztes Stück, auch zur letzten Reise von Brook und seinen fantastischen Schauspieler*innen.
Das Stück selbst ist so berühmt wie rätselhaft. Die titelgebende Naturgewalt steht gleich am Anfang der Handlung: Das Unwetter ist das Werk von Prospero, dem einstigen Herzog von Mailand, der vor Jahren von seinem intriganten Bruder auf eine einsame Insel verbannt wurde. Hier lebt er seither zusammen mit seiner Tochter Miranda. Prospero macht sich die Insel zu eigen und unterwirft den Ureinwohner Caliban und den Luftgeist Ariel, mit dessen Hilfe er seine Zauberkünste perfektioniert – ohne Moral, einzig getrieben vom Gedanken der Rache.
Als sein Bruder und dessen Gefolge mit einem Schiff in die Nähe der Insel kommen, ist für Prospero der Moment der Abrechnung da. Er befiehlt Ariel, die Schiffbrüchigen auf der Insel stranden zu lassen, und verspricht ihm die lang ersehnte Gegenleistung: «Lass sie ordentlich gehetzt werden. Jetzt ist die Stunde da, in der mir sämtliche meiner Feinde ausgeliefert sind. In Kürze sind all meine Mühen vollbracht, und du sollst die Luft der Freiheit atmen.»
Bei Brook/Estienne zieht sich der Gedanke der Freiheit und des sich Befreiens aus scheinbar unwandelbaren Zuständen und Zuschreibungen durch das ganze Stück. Aber was bedeutet eigentlich «Freisein»? Auf der Insel, könnte man meinen, sei Prospero frei geworden, weil seinen magischen Kräften nach und nach keine Grenzen mehr gesetzt sind. Aber im Taumel der Macht droht ihn das Gefühl der Rache zu verschlingen. Prospero ist noch immer nicht Herr seiner eigenen Natur, seines eigenen Sturms. Erst Mirandas Liebe zum schiffbrüchigen Ferdinand, Sohn des Feindes, macht die offizielle Versöhnung möglich, zu der Prospero nicht fähig ist. Prospero erkennt, dass er seine persönliche Freiheit nicht allein finden kann; er schwört der Zauberei ab und lässt die Unterdrückten, Caliban und Ariel, frei. Prospero stellt sich seinem persönlichen Sturm.
Adaption & Regie: Peter Brook, Marie-Helène Estienne
Mit: Sylvain
Levitte, Paula Luna, Fabio Maniglio, Luca Maniglio, Marilù Marini, Ery
Nzaramba
Licht: Philippe Vialatte
Lieder: Harué Momoyama
Übersetzung Übertitel: Yvonne Griese
- 85 Minuten, ohne Pause
- ab 14 Jahren
- Sprache: Französisch
Übertitel: Deutsch - CHF 35.– / 15.–*
Parlando Mittwoch 11. September, 19.00 Uhr, Einführung mit Maike Lex & Anke Zimmermann und um 21.15 Uhr, Nachgespräch Maike Lex und Gästen aus dem Ensemble